
Die Corona-Zeit als Familie ist herausfordernd. Alle sind ständig daheim, ordentlich aufgeräumt ist nie, wir gehen uns manchmal gegenseitig richtig auf die Nerven und drehen uns nur um unsere
familiären Angelegenheiten. Gott sei Dank sind gröbere Konflikte bisher ausgeblieben, kleinere oder mittelgroße gibt es aber immer wieder.
Nun kam ich in dieser Zeit auf die Idee, mir ein Gewächshaus zu wünschen. Das war, im Nachhinein betrachtet - und zusätzlich zur Corona-Krise - familienfriedengefährdend von mir. Nein, nicht das
Gewächshaus an sich, sondern die Phase, bevor man so ein Haus bepflanzen kann. Der Aufbau.
Ich wünschte mir also ein Glashaus und beauftragte meinen mir Angetrauten mit der Beschaffung. Weil man in den anfänglichen Corona-Sperr-Zeiten nicht einfach ins Geschäft fahren und
einkaufen konnte, bestellte er eines im Internet. Nicht beim amerikanischen Riesen-Riesen, sondern bei einer Baumarktkette. Bei der Auswahl entschied er pragmatisch: Er nahm einfach das
Gewächshaus mit der kürzesten Lieferzeit.
Zusammengefasst kann man sagen: Die Lieferzeit war kurz, die Aufbauzeit war es nicht.
Hier die wichtigsten Eckpunkte:
1. Als das Glashaus geliefert wurde, dachte ich heimlich bei mir „Uh, das sind aber kleine Schachteln. Da drinnen soll ein Glashaus sein?“
2. Da unser Haus auf einem Hügel steht, haben wir natürlicherweise kein ebenes Fleckerl. Also musste ein solches erst geschaffen werden, denn ein Glashaus steht einfach besser, wenn es halbwegs
gerade steht. Mann und Kinder waren sehr motiviert. Sie gruben, schaufelten, mischten Kiesbeton und legten eine Steinmauer.
3. Als die ebene Fläche fertig war, machte sich mein Mann ans Auspacken der Lieferung. Ich musste zu dieser Zeit wirklich ganz dringend Lebensmittel einkaufen fahren. (Der Verbrauch ist enorm,
wenn 6 Personen drei Mal täglich, nein fünf Mal täglich, groß essen). Als ich zurückkam, sah ich es schon, dieses angestrengte Runzeln auf seiner Stirn, während er den Plan studierte. Neben ihm
lagen unzählige Leisten, Schrauben, Muttern und Unmengen an Plastik. Dem Sohn, der ihm als Helfer zur Seite stehen sollte, merkte ich mit einem einzigen Blick seine Stimmung an.
4. Nachdem die Einkäufe verräumt waren, überlegte ich intensiv, wie ich mich vor dem Schrauben schrauben könnte. Ich wusste, dass es das Beste sein würde, mir eine Arbeit zu suchen, bei der ich
nicht in den Aufbau verwickelt werden konnte. Das Beste für mich, meinen Mann und den Familienfrieden. Also machte ich mich dezent aus dem Staub, und …. die Tochter übernahm die Rolle der
Vater-Unterstützerin. Das funktionierte wunderbar. Sie waren ein gutes Team. Ich begann, mich zu freuen und sah in Gedanken schon mein Glashaus stehen. Am Abend würde es sicher so weit
sein.
5. Nein, am Abend war es nicht so weit, und auch nicht am Abend des nächsten Tages. Mühselig kämpften sich die beiden durch den Plan, der diesen Namen nicht verdiente. „Jeder Lego-Bauplan ist
tausend Mal besser erklärt als dieser für das verd…. Gewächshaus“, so hörte ich sie jammern. Sie studierten, spekulierten, schraubten, schraubten verkehrt, zerlegten, schraubten wieder, suchten,
zählten, nummerierten, schraubten. In jeder Home-schooling-freien Minute. Sie taten mir leid, und gleichzeitig bewunderte ich sie für ihre Geduld. Ich war so unbeschreiblich froh, mich nicht
beteiligen zu müssen. Ich vermied es, zu fragen, ob sie mich brauchten, und tat immer sehr beschäftigt.
6. Am Tag 3 des eigentlichen Aufbaus dann der erste Lichtblick: Das Häuschen nahm Formen an. In mühevollster Kleinstarbeit und trotz starken Windes stellten sie es auf. Ich ließ mich zum Halten
von Elementen einspannen. Lobte, applaudierte, servierte Getränke und Kuchen. Und dann, dann stand es. Ich hatte ein Glashaus. Gebaut von meiner Familie. Meinem Mann schlug ich vor, ihm die
„Goldene Glashausaufbau-Verdienstmedaille“ zu verleihen. Er schlug vor, ihm lieber ein kaltes Bier zu bringen. Noch nie fiel mir das leichter.
7. Nun stehen die Pflanzen bereits stramm in ihrem neuen Zuhause. Ganz ehrlich gesagt, ein bisschen Druck verspüre ich jetzt schon. Kann ich das überhaupt, so ein Glashaus betreiben? Werde ich
eine annehmbare Ernte einfahren? Werde ich den erwartungsvollen Gewächshaus-Aufbauern meine Tomaten auftischen können?
Antworten gibt’s im Herbst.
Und da ist hoffentlich Gras über die Sache, aber nicht übers Gemüse gewachsen.