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Sonntags-Feeling

Das familiäre Kaffeetrinken wird spätestens um 15.30 Uhr beendet.

Ein leichtes Kribbeln kündigt meine Vorfreude an. 

Nichts hält mich jetzt noch daheim.

 

Seit mehr als dreißig Jahren verbringe ich von März bis Oktober gut 20 Sonntagnachmittage auf dem Sportplatz.

Schon als Kind habe ich sie geliebt, diese ganz spezielle Stimmung, die so ein Fußballspiel umgibt.

 

Und damit meine ich nicht etwa ein Match von Promi-Kickern mit unverschämt hohen Gagen, sondern ein Spiel meines Heimat- und Herzensvereins Nebelberg.

 

Vielen fehlt das Verständnis für meine Art der Sonntagsgestaltung.

Manchmal verstehe ich sie ja selbst nicht.

 

Ich kann nicht genau beschreiben, was es ist, das mich so begeistert.
Ich kann auch nicht genau erklären, warum ich mich Woche für Woche - meist frierend - am Spielfeldrand einfinde und die Elf auf dem Platz anfeuere.

 

Logisch, ich mag Fußball.

Ich mag den Verein, die Spieler, die Fans.

Ich mag es, wenn wir gewinnen.

Aber vielleicht ist es auch das, was ich mag: zu wissen, dass es für zwei Stunden nur dieses Spiel gibt, dass es erlaubt ist zu schreien, aus vollstem Herzen zu jubeln und im nächsten Moment vor Ärger zu fluchen.

 

Ich verbinde mit meinem Sonntags-Feeling den Geruch von Sportgel, Bratwürstl mit Sauerkraut und frisch gemähtem Rasen, den Geschmack von Bier, einer Leberkässemmel und Zwiebel-Schmalzbrot, das Gefühl von Es geht um nichts und doch um alles.

 

Nach dem Abpfiff stellt sich dann im besten Fall euphorische Erleichterung ein, die einen Sieg so schön macht.
Ein Unentschieden ist nicht Fisch, nicht Fleisch, aber immer noch besser als ein Volldämpfer, sprich eine Niederlage. In so einem Fall kann man dann zumindest über den Gegner, den Schiedsrichter und die Ungerechtigkeit der Fußballwelt schimpfen.

Und nach einer ausgiebigen Analyse in der Kantine weiß man: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

 

Ab und zu vergesse ich auch auf meine gute Kinderstube.
Und darauf, dass ich Kinder dabei habe.

Aber nur während des Spiels.

Beim Heimgehen nie.

 

Mir fehlt es, in dieser spielfreien Corona-Zeit, mein Sonntags-Feeling.

 

 © Carmen Wurm

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