
„I bi da Maria Theresia so dankbar, dass sie d Schulpflicht eigführt hat!"
So hörten wir unsere Mama gegen Ende der langen Sommerferien oft seufzen.
Unsere Eltern waren froh darüber, dass es nun bald wieder einen strukturierten Tagesablauf gab, wir unsere Aufgaben hatten und beschäftigt waren.
Sie waren dankbar dafür, dass sie die Erziehungsaufgaben für uns Fünf ab September wieder mit Lehrerinnen und Lehrern teilen konnten.
Es war eine Entlastung für sie, dass es da jemanden gab, der uns Lesen, Schreiben und Rechnen beibrachte, mit uns Bezirke, Landeshauptstädte, Berge und Flüsse in Österreich erarbeitete, uns die
Höhenschichtlinien anhand einer aufgeschnittenen Roten Rübe erläuterte, mit uns einen englischen Sketch einstudierte, dessen Text ich noch heute heruntersagen kann.
In der gesamten Schullaufbahn erlebte ich talentierte und weniger begabte Pädagoginnen und Pädagogen, solche, denen schnell die Hand ausrutschte und solche, die sich mit einer Engelsgeduld um uns
Schülerinnen bemühten, solche, die uns demütigten und solche die uns positiv motivierten, solche, bei denen man die Liebe zum Beruf und zu Kindern spürte und solche, die man lieber in einen
anderen Bereich gewünscht hätte, solche, die einen durch herzlose Urteile ratlos und traurig zurückließen und solche, die einem vermittelten, dass sie auch in schwierigen Phasen an einen
glaubten, solche, die Dienst nach Vorschrift machten und solche, die sich über alle Maßen engagierten.
Ich hatte Lehrerinnen und Lehrer mit allen möglichen menschlichen Charakterzügen.
Feinfühlig und grob.
Gerecht und ungerecht.
Liebevoll und angstmachend.
Lustig und humorlos.
Gütig und unnachgiebig.
Lebensnah und realitätsfern.
Wir alle hatten sie.
Wir alle sind an ihnen gewachsen oder verzweifelt.
Eine gute Lebens-Schule war das Zurechtkommen mit unterschiedlichen Bezugs- und Lehrpersonen auf jeden Fall.
Aber nicht alles hat uns gut getan.
Manches hat uns schwer geschadet.
Körperliche Züchtigungen vor allem.
Die g'sunde Watschn war höchst ungesund.
Gottseidank gehören derartige Methoden der Vergangenheit an.
Gottseidank sind unsere Kinder diesem Schulalltag heute nicht mehr ausgesetzt.
Gottseidank werden sie von Pädagoginnen und Pädagogen unterrichtet, die wertschätzend und wohlwollend mit ihnen umgehen.
Natürlich gibt es manchmal Probleme oder Beschwerden.
Natürlich regt sich ein Pubertierender auch mal über eine Lehrerin oder einen Lehrer auf.
Natürlich stört einen so manche Entscheidung.
Aber es ist gut, sich alle Sichtweisen anzuhören.
Und nach einem ehrlichen Gespräch lösen sich die meisten Unstimmigkeiten auf.
Ich spreche aus Erfahrung. Seit ich sechs Jahre alt bin, ist das Thema Schule ein bedeutender und omnipräsenter Teil meines Lebens. Zuerst als Schülerin, später als Pädak-Studierende und
Lehrerin, jetzt als Mutter.
Ich kenne also mehrere Seiten dieser vielschichtigen, polarisierenden und komplizierten Sache.
Während meiner Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Volksschulen hat sich mein Lehrerinnenbild noch mehr ins Positive gedreht. Ich habe zahlreiche begeisterte, motivierte und engagierte
Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, die trotz schwieriger Umstände jeden Tag aufs Neue das Beste für die ihnen anvertrauten Kinder gaben.
Ja, wir Eltern vertrauen unseren größten Schatz - unsere Kinder - anderen an.
Den Lehrerinnen und Lehrern, die tagtäglich mit ihnen arbeiten.
Wir vertrauen darauf, dass sie gut ausgebildet sind und wissen, wie sie ihren Job zu machen haben.
Wir vertrauen darauf, dass sie unsere Kinder wohlgesonnen in ihrem Erwachsenwerden begleiten.
Wir vertrauen darauf, dass ihnen bewusst ist, dass sie einen bedeutungsvollen Job in unserer Gesellschaft ausüben.
Dafür dürfen sie unseren Respekt und unsere Wertschätzung und eben auch unser Vertrauen erwarten.
Wir wünschen uns, dass unsere Kinder erfahren, wie schön und lustig und gemeinschaftlich Schule ist.
Und dass sie auch lernen, mit Niederlagen, Rückschlägen und negativen Erlebnissen umzugehen.
Schule kann stark machen und sozial kompetent und schlau.
Schule schafft Freundschaften.
In die Schule gehen zu dürfen, ist einerseits eine Selbstverständlichkeit, andererseits aber auch ein Privileg.
Danke allen guten Lehrerinnen und Lehrern!
Danke, Maria Theresia!
© Carmen Wurm
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